Seit dem letzten Beitrag ist einige Zeit vergangen. So wollte ich das Schreiben dieses Blogs eigentlich nicht schleifen lassen, denn Themen gibt es genug.
Mein Saisonhighlight fand schon recht früh dieses Jahr statt: ein „Trainingslager“ am berühmtesten aller Radsport-Berge, dem Mont Ventoux in Südfrankreich.
Die Vorbereitung
Die Planungen für dieses Ereignis starteten bereits Ende letzten Jahres. Vier radsportbegeisterte Freunde mit begrenztem Zeitbudget wollen den Mont Ventoux von ihrer Bucket-List streichen. Wenn nicht jetzt – wann dann?
Ein Häuschen in Malaucène am Fuße des Mont Ventoux war über Airbnb schnell gefunden. Die Ausrüstungsliste wurde aufgeteilt auf vier Personen und zwei Autos.
Da wir alle einen Heidenrespekt vor dem Anstieg auf den Mont Ventoux hatten, stellte sich das Training bis zum Trainingslager als der schwierigste Part der Vorbereitung heraus. Irgendwie war jeder von uns im Vorbereitungszeitraum krank gewesen, sodass wir alle fitter hätten sein können. Allerdings haben wir uns auch keinen allzu großen Druck gemacht. Wir wollten in erster Linie Spaß haben und den Mythos Mont Ventoux selbst erleben.
Wir haben das verlängerte Mai-Wochenende genutzt, sodass wir vier Tage auf dem Rad vor Ort zur Verfügung hatten.
Der Berg
Ein entscheidender Punkt bei der Befahrung eines derart hohen Berges ist das Wetter. Trotz guter Ausrüstung kann schlechtes Wetter und vor allem der dort berüchtigte Wind dem Unterfangen einen Strich durch die Rechnung machen. Alles in allem hatten wir Glück und wurden nicht allzu sehr durch das Wetter ausgebremst: ein wenig Regen, ein wenig Wind und gut war’s. Nachdem wir am Ankunftstag kurz eingerollt sind, ging es am ersten vollen Tag auch sprichwörtlich in die Vollen.
Auf den Gipfel des Mont Ventoux gibt es insgesamt drei Auffahrten:
- Die klassische von Bédoin
- Eine ähnlich happige von Malaucène
- Eine zunächst flachere von Sault
Am ersten Tag haben wir uns für die flachere Variante von Sault aus entschieden. Allerdings ist die Anfahrt am längsten von Malaucène aus und die letzten Kilometer geht sie ab Chalet Reynard in die Anfahrt von Bédoin über.
Wir hatten ja einiges über die Anstiege gelesen und wussten, zumindest mental, was auf uns zukam. Letztendlich waren wir dann auch nicht überrascht, dass es sich noch ewig hinzieht, bis man am Gipfel ankommt, wenn man ihn das erste Mal sehen kann, wenn man am Chalet Reynard die Rampe hochkommt. Dort beginnt dann auch die berüchtigte Mondlandschaft, und man ist gnadenlos dem Wind ausgeliefert. Für die unbarmherzige Sonneneinstrahlung war es noch zu früh im Jahr.
Das letzte Stück war dann auch nochmal richtig hart mit durchschnittlich 9–11 % Steigung. Und der Gipfel kommt und kommt nicht näher. Umso euphorischer ist man dann, wenn man die letzte steile Rechtskurve hochfährt, um schließlich am Gipfel auszuklicken. Das Gefühl war zumindest für mich als Normalfahrer unbeschreiblich: ein Mix aus purer Freude, Stolz und innerlicher Zufriedenheit. Wahnsinn. Ich denke, allen drei Mitfahrern ging es genauso. Jeder ist sein Tempo gefahren und konnte die Auffahrt, trotz aller Anstrengung, genießen.
Mit der Aussicht hatten wir an diesem Tag leider kein Glück. Der Gipfel war von dichten Wolken umhüllt, und mit ca. 5 °C war es empfindlich kalt. Auf der Abfahrt nach Malaucène kam dann wieder die Sonne raus.
Am zweiten Tag haben wir den klassischen Anstieg von Bédoin genommen, wie er auch bei der Tour de France gefahren wird. 1.609 Höhenmeter am Stück, verteilt auf gut 20 Kilometer mit einer Steigung von ca. 7 % im Durchschnitt. Allerdings sind die meisten Abschnitte weitaus steiler. Nur kurz vorm Chalet Reynard flacht es kurz ab, sodass sich die 7 % durchschnittliche Steigung wesentlich steiler angefühlt haben.
Dadurch, dass wir am Vortag schon den Gipfelerfolg hatten, konnten wir diese Auffahrt noch mehr genießen, auch wenn sie ein ganzes Stück härter war. Dafür war der Gipfel diesmal auch wolkenlos – allerdings war es kaum wärmer.
Gorges de la Nesque
Als Kür sind wir am letzten Tag dann noch einmal durch die Gorges de la Nesque nach Sault gefahren und über das Chalet Reynard und Bédoin zurück nach Malaucène. Die Nesque-Schlucht ist eine der schönsten Strecken, die man sich als Rennradfahrer vorstellen kann: flache Steigung, so gut wie keine Autos und eine traumhafte Landschaft. Dazu kurze, in den Fels gesprengte Tunnel und ein guter Straßenbelag. Jedem, der die Gelegenheit hat, diese Schlucht mit dem Rad zu fahren, kann ich dies nur wärmstens empfehlen.
Die Region
Die Region rund um den Mont Ventoux ist aus Sicht eines Radfahrers fantastisch. Der Mont Ventoux hat eine wahnsinnige Ausstrahlung. Wenn man die Straßen rund um den Berg befährt, ist der Gipfel allgegenwärtig – fast wie das Auge von Mordor bei „Herr der Ringe“ …
Die Straßen sind allgemein in sehr gutem Zustand, das Wegenetz lässt keine Wünsche offen, und die Autofahrer haben wir als rücksichtsvoll erlebt. Insgesamt hielt sich der Autoverkehr auch in Grenzen. Dafür waren unglaublich viele Radfahrer unterwegs.
Die Tage am Mont Ventoux waren ein unvergessliches Erlebnis, von dem ich sicherlich noch sehr lange zehren werde.